Lehrplan
Kurs: Fernkurs Verhandlungstechniken - Negotia...
Anmeldung

Curriculum

Fernkurs Verhandlungstechniken - Negotiation 4.0

Textlektion

„Lieferantenverhandlung zur Senkung der Beschaffungskosten bei gleichzeitiger Sicherung von Qualitätsstandards“

Image

Situation: Ein mittelständisches Produktionsunternehmen verhandelt mit einem seiner Hauptlieferanten über die Senkung der Einkaufspreise für Rohmaterialien. Die Materialkosten sind im vergangenen Jahr erheblich gestiegen, und das Unternehmen ist auf eine Senkung der Lieferantenpreise angewiesen, um weiterhin profitabel zu bleiben.
Gleichzeitig sind die Qualitätsanforderungen hoch, da die Endkunden des Unternehmens spezifische Qualitätsstandards erwarten. Das Unternehmen hat eine starke Abhängigkeit vom Lieferanten entwickelt, weil dieser über das spezialisierte Know-how und die Maschinen verfügt, um die erforderlichen Materialien in der gewünschten Qualität herzustellen.

1. Vorbereitung

Das Unternehmen bereitet sich gründlich auf die Verhandlung vor. Hierzu wird eine umfassende Marktanalyse durchgeführt, um alternative Lieferanten zu identifizieren und eine eigene BATNA (Best Alternative to a Negotiated Agreement) zu bestimmen. Die BATNA ist in diesem Fall ein anderer Lieferant, der ebenfalls ähnliche Rohmaterialien herstellen kann, jedoch mit etwas längeren Lieferzeiten und zu höheren Kosten.

Das Unternehmen definiert klare Ziele:

  • Kostensenkung um mindestens 10 %, um die Gewinnspanne zu sichern.
  • Erhalt der hohen Qualitätsstandards, da minderwertige Materialien zu Rückläufen und Imageverlust führen könnten.
  • Langfristige Beziehung mit dem aktuellen Lieferanten, da eine Änderung kurzfristig zu Lieferengpässen führen könnte.

Zudem erstellt das Verhandlungsteam eine Prioritätenliste: Die Qualität der Rohstoffe steht über allem, gefolgt von Preis und Liefersicherheit. Man ist bereit, kleine Preiszugeständnisse zu machen, wenn die Qualität dadurch gesichert bleibt.

2. Verhandlungsstrategie und Gesprächsführung

Das Unternehmen wählt eine integrative Verhandlungsstrategie (Win-Win-Ansatz), um gemeinsam mit dem Lieferanten eine Lösung zu finden, die beiden Seiten zugutekommt. Eine positive, partnerschaftliche Verhandlungshaltung soll den Lieferanten motivieren, auf die Preiswünsche des Unternehmens einzugehen. Dabei werden folgende Techniken eingesetzt.

  • Prinzipiengeleitete Verhandlung nach dem Harvard-Konzept: Das Unternehmen stellt die Qualität und den Preis als objektive Kriterien dar. Gemeinsam wird nach objektiven Standards gesucht, etwa Marktanalysen und Kostenberechnungen für vergleichbare Rohstoffe.
  • Anker setzen: Die Unternehmensseite beginnt die Verhandlung mit einem Angebot zur Preissenkung von 12 % und kalkuliert dabei Spielraum ein. Damit setzt es einen Anker, der es ermöglicht, in späteren Runden den realistischen Zielwert von 10 % zu erreichen.
  • Aktives Zuhören und offene Fragen: Das Unternehmen fragt gezielt nach den Kostenfaktoren des Lieferanten, um dessen Situation besser zu verstehen und auf Augenhöhe zu verhandeln. Die Verhandler betonen dabei, dass sie an einer fairen und langfristigen Lösung interessiert sind.

3. Umgang mit Einwänden und Einsatz von Gegentaktiken

Der Lieferant äußert Bedenken, dass die Preissenkung nicht umsetzbar sei, da die Rohstoffpreise gestiegen sind und sich seine Produktionskosten erhöht haben. Hierbei kommen Einwände auf, die das Unternehmen mithilfe von Gegentaktiken zu entschärfen versucht:

  • Alternative Vorschläge entwickeln: Das Unternehmen schlägt vor, den Lieferanten logistisch zu unterstützen oder flexible Zahlungsbedingungen zu vereinbaren, um seine Liquidität zu stärken. Dies könnte dem Lieferanten helfen, die Kostensenkung zu akzeptieren.
  • Flexible Preisgestaltung: Eine weitere Option ist eine Staffelung der Preisnachlässe über einen bestimmten Zeitraum. So könnten zunächst 5 % weniger bezahlt werden, und mit einer verbesserten Marktlage erfolgt eine schrittweise Reduktion auf die 10 %, ohne den Lieferanten sofort unter Druck zu setzen.
  • Erwähnung der BATNA: Ohne zu drohen, bringt das Unternehmen seine Alternativen ein: Es nennt die Option, andere Lieferanten hinzuzuziehen, sollte keine Einigung erzielt werden. Dies erfolgt diskret und signalisiert eine Verhandlungsposition, die unabhängig von einem Lieferanten bestehen kann.

4. Abschluss und Nachbereitung

Am Ende der Verhandlungen einigen sich beide Parteien auf einen abgestuften Preisnachlass von zunächst 6 % mit der Option, innerhalb der nächsten sechs Monate weitere Preisreduktionen zu prüfen. Der Lieferant stimmt zu, alternative Produktionsprozesse zu testen, um Kosten einzusparen, ohne die Qualität zu beeinträchtigen. In einer gemeinsamen Absichtserklärung verpflichten sich beide Parteien, die Preise jährlich zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

Zur Sicherstellung der Qualität und Leistung findet regelmäßig eine Nachbereitung statt, in der das Unternehmen und der Lieferant die Umsetzung der Vereinbarungen besprechen. Es wird ein Plan zur Qualitätsprüfung der Materialien erstellt, und eine enge Abstimmung zwischen beiden Teams gewährleistet, dass die Produktionsanforderungen erfüllt werden.